Küssen – Ein sinnliches Vergnügen
Der vorsichtige Kuss zwischen zwei Verliebten ist meist der Anfang einer Beziehung. Er ist so schön, so unschuldig, so einmalig, dass man hofft, dass er nie enden möge. „Ein Kuss ist eine Sache, für die man beide Hände braucht.“ – so drückt der Schriftsteller Mark Twain aus, was viele Menschen empfinden. Der Kuss schafft eine Verbindung zwischen zwei Menschen, die ihresgleichen sucht, und ist so zum Symbol der Himmelsmacht „Liebe“ avanciert.
Geschichte und Rituale
"Cusati" sagt man in Südostasien und das bedeutet soviel, wie „er saugt". Der Mann saugt den Speichel der Frau und damit Lebenskraft in seinen Körper. In vielen Kulturen der Menschheit galt und gilt das Weibliche als Inbegriff des Lebens, an dem der Mann sich labt, so zum Beispiel in der Erkenntnislehre des Hinduismus, dem Tantrismus. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist der Kuss auf das Füttern der Jungtiere zurückzuführen, das meist mit dem Mund passiert. Bis heute gibt es Volksstämme abseits der Zivilisation, die die Fütterung ihrer Nachkommen so praktizieren. Im Bereich der Lippen befinden sich besonders viele Nervenenden, die sie besonders empfindlich machen. Deshalb wird ihre Berührung als besonders sinnlich wahrgenommen. Eine solch intime und wohltuende Berührung schafft zwangsläufig eine enge Bindung zwischen den Beteiligten.
Aber geküsst wird nicht nur aus Liebe: Die Andeutung eines Kusses dient in vielen Kulturen als Begrüßungsritual. Akkolade nennt man den angedeuteten Kuss auf die Wange, der sich als freundliche Begrüßung zwischen Bekannten durchgesetzt hat. Die Zahl der Küsschen schwankt dabei je nach Aufenthaltsort zwischen eins und drei.
Manche Naturvölker gehen da ernster ans Werk. Dort artet das Küssen schnell in ein Beißen aus, bei dem aus Lippen oder Wangen auch schon mal Blut fließt. Anderswo, beispielsweise bei den Inuit oder den Lappen, wird der Nasenkuss praktiziert. Er ist eigentlich eher eine Art Riechen – gilt aber als die Urform des Kusses, wie wir ihn heute kennen. In manchen Kulturen, vor allem im asiatischen Raum, gilt Küssen in der Öffentlichkeit wiederum als unanständig und ist mancherorts sogar per Gesetz verboten. Was für uns heute kleinlich und bieder klingt, war vor nicht so langer Zeit auch hierzulande noch Realität. Tatsächlich war der Zungenkuss einmal kirchenrechtlich verboten – auch unter Verheirateten. Mit dieser Art von Wollüstigkeit wollte man das Sakrament der Ehe nicht beschmutzt sehen. Ob sich alle daran gehalten haben? Der längste Kuss der Welt dauerte im Übrigen über einen Tag und wurde natürlich für das Guinnessbuch der Rekorde aufgestellt. Allerdings ist zweifelhaft, ob diese Rekordjagd noch etwas mit Genuss zutun hatte.
Küssen für die Gesundheit
Küssen ist zweifellos gut für die Seele, aber auch für den Körper ist es eine Art Mini-Verjüngungskur. Küssen bringt den Kreislauf richtig gut in Schwung, die Herzfrequenz steigt, die Durchblutung wird gefördert. Auch die Sauerstoffversorgung verbessert sich, weil wir beim Küssen nicht nur 20, sondern bis zu 60 Mal pro Minute atmen. Gut gegen Falten sind Küsse sowieso, die Gesichtsmuskeln werden mal so richtig durchtrainiert – wenn sich dabei eine Falte entwickeln kann, dann ist es eine Lachfalte. Küssen hilft bei Schluckauf (das wird viel zu selten praktiziert), entspannt und entkrampft. Und dass man dabei Speichel, also auch Bakterien austauscht, sollte niemanden vom Küssen abhalten: So wird das Immunsystem auf Trab gebracht und bildet Immunitäten gegenüber bisher fremden Bakterienstämme.
Küssen und die Lust
Küssen macht Lust auf mehr, dass weiß jeder, der schon mehr als einmal geküsst wurde. Küsse können der Anfang einer nicht enden wollenden Nacht sein. Küsse zeugen von einer Intimität zwischen den Partnern, die nicht immer gewollt ist, so lassen sich Prostituierte beispielsweise in der Regel nicht auf den Mund küssen. Das Gefühl der Intimität verstärkt sich, wenn man beim Küssen die Augen schließt. Dann lässt man sich vollkommen auf den Moment ein. Umfragen zufolge tun das zwar sehr viele Frauen, doch nur ungefähr die Hälfte aller Männer. Auch im Erleben von Intimität unterscheiden sich die Geschlechter ganz offenbar.
Küssen in der Praxis
Wer die Gelegenheit hat, sich auf einen Kuss vorzubereiten, der nimmt noch einen Kaugummi, denn frischer Atem ist nicht ganz unwichtig. Wer einmal einen „nassen“ Kuss erlebt hat, sollte außerdem lernen, es besser zu machen. Die Lippen sollten feucht sein, aber niemals nass. Und niemals sollte man auf Teufel komm raus zu küssen versuchen, wenn auf der anderen Seite gar nichts passiert. Küssen ist ein Spiel aus Geben und Nehmen. Leider schwindet die anfängliche Begeisterung am Küssen mit der Dauer einer Beziehung. Dem sollte man Vorbeugen, denn der Kuss ist nicht nur Ausdruck von Innigkeit und Intimität, er steigert sie auch. Küsse sind einfach gut für die Beziehung, egal in welchem Stadium. Und wem der Mund allein auf die Dauer zu langweilig ist – es gibt so viele weitere Körperstellen, die eine Liebkosung sehnsüchtig erwarten.