Das Arbeitszeugnis
Wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird, stellt sich (fast) immer die Frage nach der Ausstellung eines Arbeitszeugnisses. Doch hierzu gibt es einiges zu wissen. Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis ergibt sich aus § 630 BGB. Bereits ab Beginn der Kündigungsfrist kann der Arbeitnehmer verlangen, dass ihm ein Zwischenzeugnis ausgestellt wird, damit er sich bei anderen Unternehmen um einen neuen Arbeitsplatz bewerben kann.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Arbeitszeugnissen. Das einfache Arbeitszeugnis enthält vor allem die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses. Das qualifizierte Arbeitszeugnis erstreckt sich außerdem auf die Führung und Leistung des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer darf sich aussuchen, ob er ein einfaches oder ein qualifiziertes Zeugnis haben will. Im Normalfall wird er ein qualifiziertes Arbeitszeugnis wählen, da es für den nächsten Arbeitgeber eine wesentlich größere Aussagekraft hat. Ein einfaches Arbeitszeugnis wählt man nur dann, wenn der Arbeitgeber im qualifizierten Zeugnis Tatsachen erwähnt hätte, die sich auf den Erfolg einer Bewerbung negativ auswirken könnten.
Ein Arbeitszeugnis muss bestimmten formellen Anforderungen genügen. Es soll auf sauberem DIN A4-Papier gedruckt sein und muss original unterschrieben und mit dem Firmenstempel versehen sein. Auf Wunsch des Arbeitnehmers muss aktuelles Geschäftspapier verwendet werden. Der Arbeitgeber darf das Zeugnis falten, wenn er es per Post verschicken will. Voraussetzung ist, dass dadurch nichts unleserlich wird. Im Zeugnistext darf nichts durch Ausrufezeichen, Fragezeichen oder Anführungsstriche hervorgehoben werden. Es darf nichts gestrichen, radiert oder ausgebessert werden. Zu Beginn des Zeugnisses muss der Arbeitnehmer mit seinem vollen Namen, einer Anrede und eventuell vorhandenen Titeln genannt werden. Auf Wunsch des Mitarbeiters müssen das Geburtsdatum und seine Anschrift hinzugefügt werden.
Der Arbeitgeber darf ein Zeugnis nicht vor- oder rückdatieren. Er kann es auch nicht pauschal auf den Tag datieren, an dem der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Das Zeugnis muss zwingend das Datum tragen, an dem das Zeugnis ausgestellt wurde. Einzige Ausnahme: Wenn das Zeugnis nachträglich berichtigt wird, dann muss die korrigierte Version das Datum des ursprünglichen Zeugnisses tragen.
Der Arbeitgeber muss das Zeugnis handschriftlich unterschreiben. Dies muss jedoch nicht zwingend der Inhaber tun. Bevollmächtigte Personen im Betrieb dürfen ebenfalls die Unterschrift leisten, wenn deren Status durch entsprechende Zusätze (z. B. ppa, i. V.) gekennzeichnet wird.
Ein Arbeitszeugnis muss wohlwollend verfasst sein und der Wahrheit entsprechen. Dies hat zur Folge, dass für die Inhalte ebenfalls bestimmte Regeln gelten. Es dürfen keine einzelnen Vorkommnisse erwähnt werden, die in keiner direkten Verbindung zum Charakter des Arbeitnehmers stehen. Selbst wenn das Ereignis zur außerordentlichen Kündigung geführt hat, darf es nicht angegeben werden. Ebenso wenig dürfen Dinge aus dem Privatleben oder eine Betriebsrats-/Gewerkschaftsmitgliedschaft angeführt werden. Negative Aspekte dürfen nur dann genannt werden, wenn der Arbeitgeber sie beweisen kann. Ein Zeugnis darf außerdem keine verschlüsselten Formulierungen enthalten, die eine doppelte Bedeutung haben.
Übrigens drohen dem Arbeitgeber empfindliche Strafen, wenn er ein nicht wahrheitsgemäßes Zeugnis ausstellt: Wenn ein anderes Unternehmen den Mitarbeiter aufgrund eines zu positiv formulierten Arbeitszeugnisses einstellt, muss der vorherige Arbeitgeber einen eventuell entstehenden Schaden ersetzen. Erhält der Arbeitnehmer aber aufgrund eines zu negativ formulierten Arbeitszeugnisses keine neue Arbeitsstelle, so muss der ehemalige Arbeitgeber eventuell für den Verdienstausfall aufkommen.
Für die Formulierung von Arbeitszeugnissen verwenden die Arbeitgeber eine Geheimsprache. Dadurch kann man den Unternehmen, bei denen sich der Mitarbeiter bewirbt, negative oder positive Informationen zukommen lassen, ohne dass der Arbeitnehmer es bemerkt. Hierzu ein paar Beispiele:
– „… bewies viel Einfühlungsvermögen in die Probleme anderer Mitarbeiter“ – Bedeutung: Der Arbeitnehmer legte es auf sexuelle Kontakte zu seinen Kollegen an.
– „… hat sich engagiert für die Arbeitnehmerinteressen eingesetzt“ – Bedeutung: Der Arbeitnehmer war aktives Betriebsrats- oder Gewerkschaftsmitglied.
– „… verfügt über Fachwissen und über ein gesundes Selbstvertrauen“ – Bedeutung: Der Arbeitnehmer ist ein Hochstapler, der mit seiner großen Klappe sein mangelhaftes Fachwissen kaschieren will.
– „… hat stets zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen“ – Bedeutung: Der Arbeitnehmer hat ständig getratscht und dem Alkohol zugesprochen.
Wenn der Zeugnisaussteller im Zeugnis nur das Ausscheidedatum vermerkt, nicht aber den Grund dafür, so deutet dies sehr stark darauf hin, dass der Arbeitnehmer verhaltensbedingt entlassen wurde. Die Formulierung „Das Arbeitsverhältnis wurde im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst.“ lässt entweder darauf schließen, dass ein Auflösungsvertrag abgeschlossen wurde, oder dass der Arbeitnehmer noch schnell gekündigt hat, bevor ihm der Arbeitgeber die Kündigung überreichen konnte.
Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer nicht konkret benoten. Um nun doch eine Benotung zum Ausdruck zu bringen, gibt es ebenfalls Klauseln. Folgende Formulierungen sind üblich:
„Der Arbeitnehmer erledigte alle ihm übertragenen Aufgaben …“
Note 1: „… stets zur vollsten Zufriedenheit“
Note 2: „… stets zur vollen Zufriedenheit“
Note 3: „… stets zur Zufriedenheit“
Note 4: „… zur Zufriedenheit“
Will der Arbeitgeber eine sehr schlechte Leistung deutlich machen, so lässt er diese Ausdrücke einfach komplett weg.
Der Arbeitnehmer hat in bestimmten Fällen einen begründeten Anspruch auf ein Zwischenzeugnis, auch wenn sein Arbeitsverhältnis nicht beendet wird. Solche Fälle sind z. B.
– beabsichtigte Stellensuche
– langjährige Beschäftigung
– Betriebsübergang
– Wechsel des Vorgesetzten
– längere Arbeitsunterbrechung (z. B. durch Antritt des Wehrdienstes)
– Übernahme einer neuen Tätigkeit bzw. eines neuen Arbeitsplatzes
Wenn der Arbeitnehmer kein Zeugnis erhalten hat, oder das ausgestellte Arbeitszeugnis nicht den Anforderungen von Wahrheit und Wohlwollen entspricht, kann er auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses klagen. Die Klage ist beim Arbeitsgericht einzureichen. Es ist jedoch zu empfehlen, sich in einem solchen Fall außergerichtlich mit dem Arbeitgeber zu einigen. In einer Gerichtsverhandlung müsste durch Zeugenaussagen überprüft werden, ob die im Zeugnis gemachten Angaben korrekt sind. Gerade wenn es um negative Aussagen geht, könnte das bei den Kollegen zu Stress und Unmut führen. Das Betriebsklima könnte Schaden nehmen.